Die Suche nach dem Wesentlichen
Im Archiv gleich neben den Heuballen im Schober stapeln sich die Leinwände und gerahmten Blätter bis unter die Decke, und der Besucher mag kaum glauben, dass die fein ziselierte Radierung, das expressive farbenstarke Tafelbild und das Materialbild aus Sägespänen, Flexscheiben und Mineralwolle von ein- und demselben Künstler stammen. „Ich experimentiere schon gerne rum“ schmunzelt der vielseitige Hausherr und zieht einen Objektkasten aus dem Regal: Ein zerbrochener Regenbogen ist zu sehen, und der Tatverdacht fällt auf martialisch anmutende Versatzstücke aus Leder und Eisen am unteren Rand der Assemblage. Doch nicht sie haben die Unschuld der Natur auf dem Gewissen: „Das hier ist viel schlimmer“ erklärt der Künstler und zeigt auf zwei kleine Glasröhrchen, gefüllt mit einem Uran-Isotop. „Das strahlt nicht mehr“, beruhigt Hurec. Doch seine Arbeit aus dem Jahr 1980, sechs Jahre vor Tschernobyl, zeugt von Beunruhigung: „Die Unbegrenz-heit des Menschen ist endlich“ lautet der warnende Titel. L'art pour l'art, Kunst als Selbstzweck, ist Karol J. Hurec fremd.
Ein Verkehrsunfall führt 1978 zum radikalen Kurswechsel: Der 30-Jährige wendet sich von der Farbe und der glatten Oberfläche ab und beginnt, sich ganz konkret für die Hintergründe zu interessieren: „Was passiert, wenn ich noch tiefer zeichne, kratze, säge?“ Es entstehen Schnitte, Klüfte, Ritzen in Spanplatten; Hurec ist der erste, der „Sägespuren“ als grafisches Element einsetzt, die sich als Landschaften lesen lassen wie als Chiffren für das Unterbewusste.